|
|
Die Chemotherapien |
|
Am 13. Januar wurde mir über
einen zentralen Venenkatheter (ZVK), die erste Chemotherapie
verabreicht. Während sechs Tagen bekam ich die
Medikamente am Morgen 8:00 bis 11:00 Uhr und am Abend
20:00 bis 23:00. Jeden zweiten Tag bekam ich noch
ein weiteres Medikament zusätzlich. Nebst Übelkeit
und Erbrechen folgten Appetitlosigkeit, Müdigkeit
und kurze Zeit später Haarausfall am ganzen Körper.
Ein sehr guter Freund besorgte mir einen Laptop, damit
ich mir die lange Zeit etwas zu verweilen konnte.
Um meine Verwandten und Bekannten informieren und
auf dem aktuellen Stand zu halten, kam mir die Idee
mit einem Tagebuch |
|
|
im Internet. Am 22.
Januar war es dann soweit und mit Hilfe eines Kollegen
stellten wir auf www.djspargel.ch
eine einfache Seite vor. Sie beinhaltete ein Tagebuch
und ein Gästebuch.
Die Besucherzahlen auf meiner Seite und die Einträge
in meinem Gästebuch stiegen täglich an.
Für mich war es auch eine Therapie, mit der ich
die ganze Situation besser verarbeiten konnte. Jeden
Tag fügte ich meine Blutwerte in ein Diagramm
ein, damit ich besser verfolgen konnte, was genau
in meinem Körper passierte. Auch musste ich sofort
akzeptieren, dass ich für eine längere Zeit
nicht mehr einfach frei bin und einfach machen kann
was ich will. Ich musste lernen, dass ich immer unter
Kontrolle war.
Während der ersten Therapie musste ich mich sehr
oft übergeben. Auch wurde ich von Fieberschüben
geplagt. Diese wurden mit Antibiotika und fiebersenkenden
Medikamenten behandelt. Dazu kamen immer wieder diverse
Untersuchungen des Herzens. Die Medikamente waren
zusätzlich eine Belastung für das durch
den Infarkt geschwächte Herz. Mir fiel es immer
schwerer, mich aus dem Bett zu bewegen.
Am 21. Tag meiner ersten Chemotherapie, wurde mir
mitgeteilt, dass sich die Blutwerte langsam wieder
erholen würden. Auch sagte meine Ärztin,
dass ich in den Urlaub nach Hause gehen dürfte,
sobald ich aus der Aplasie (fehlen von weissen Blutkörperchen)
sei und selbstständig fünf Treppentritte
am Stück bewältigen konnte. Ich stellte
mir das ziemlich einfach vor und so wurde ich für
meine Faulheit bestraft. Ich musste mich ziemlich
anstrengen, damit ich die fünf Tritte bewältigen
konnte. |
Am 08. Februar konnte mich meine
Mutter für einen dreitägigen Urlaub mit
nach Hause nehmen. Nur schon die Fahrt nach Hause
war schon ziemlich streng. Aber ich freute mich endlich
mal wieder nach Hause. Endlich wieder in meinem eigenen
Bett schlafen.
Ich musste feststellen, dass mich in dieser Zeit meine
Kraft verlassen hatte. Ich war nicht in der Lage vom
Erdgeschoss mein Zimmer im 2. Obergeschoss ohne Pause
zu erreichen. Aber meine Schwestern und Eltern bemühten
sich, dass es mir an nichts fehlte.
In der ersten Nacht bin ich mehrmals erwacht. Mir
fehlte die Überwachung. Im Spital war ich mir
sicher, dass nichts passieren konnte, da immer jemand
vom Personal in der Nähe war. Plötzlich
fehlte mir die Kontrolle. Es war ein komisches Gefühl,
eine Art von Angst, die in mir war. |
|
|
Mit den Gedanken, dass ich wieder zurück in
das Spital musste, erwachte ich am Montag, den 11.
Februar. Zusammen mit meiner Mutter ass ich etwas
zum Frühstück, dann fing ich an, meine Sachen
zusammen zu suchen. Anschliessend fuhr mich meine
Mutter wieder nach St. Gallen. Noch am selben Tag
wurde mir eine Knochenmarkprobe entnommen. Anschliessend
wurde ich in das Hochhaus gebracht, wo mir ein Arzt
den ZVK implantierte. Als ich zurück kam, wurde
ich ganz speziell überrascht. Ein Zimmerkollege
konnte Marcel Koller der damals noch Trainer von GC
war, mobilisieren und ins Spital zu kommen lasssen.
Ich freute mich sehr darüber! |
|
|
In der selben Zeit, während ich meine zweite
Chemotherapie bekam, wurden meine Schwestern geprüft,
ob Ihre Zellen für mich kompatibel wären,
was leider nicht der Fall ist.
Vom 13. bis zum 18. Februar bekam ich die zweite Chemotherapie
verabreicht. Vier Tage später befand ich mich
wieder in Aplasie. Mein Physiotherapeut war es, der
mich immer wieder motivierte, sofern es mit den tiefen
Blutwerten auch möglich war, eine kurze Zeit
auf dem Hometrainer zu verbringen oder ein paar Bewegungsübungen
im Zimmer zu machen. |
Auch während der zweiten Phase wurde ich von
einer Infektion nicht verschont. Diesmal war der Auslöser
ein Zahn der bereits von Karies befallen war. In meinem
Gaumen bildete sich ein ziemlich grosses Hämatom.
Da meine Blutwerte zu niedrig waren, konnte man mir
diesen Zahn nicht ziehen. Er wurde durchbohrt um den
sich bildenden Eiter abzuleiten.
Am 31. Tag der 2. Therapie, bildete mein Körper
wieder eigene Blutkörperchen. Da man sich eine
Stammzellensammlung erhoffte, wurde ich mit einem
Medikament behandelt, dass die Bildung fördert.
Gleichzeitig werden durch dieses Medikament für
ein paar Tage die Stammzellen, die sich hauptsächlich
im Knochenmark befinden, im Blut auffindbar. |
|
|
Da man eine allfällige Sammlung
auf das Wochenende schätzte, wurde mir bereits
der Spezialkatheter eingesetzt. Da mein Körper
zu wenig Stammzellen freisetzte, wurde er am 18. März
wieder gezogen und ich konnte für einen zweiwöchigen
Urlaub nach Hause fahren.
Geplant wäre eine Stammzellensammlung gewesen.
Anschliessend hätte ich eine Hochdosis-Chemotherapie
erhalten, dann hätte man mir meine Zellen zurückgegeben.
Da dies nicht gelang, erhofften wir bessere Resultate
nach einer dritten Therapie.
Der Urlaub war nicht nur eine psychische Erholung,
auch der Körper brauchte seine Zeit um sich zu
rehabilitieren, damit er die weitere Chemotherapie
verarbeiten konnte. Diese Phase nutze ich so richtig,
um das freie Zivilleben zu geniessen.
|
Am 2. April musste ich wieder auf die Station einrücken.
Obwohl ich den kommenden Verlauf schon kannte, hatte
ich einen sehr grossen Respekt vor der 3. Chemotherapie,
die ich vom 3. bis am 7. April bekam. Ab dem 11. April
waren meine Blutwerte wieder in der Aplasie-Phase.
Auch bei dieser Therapie wurde ich von einer Infektion
nicht verschont. Diesmal war der ZVK ausschlaggebend
für Fieberzustände, die meinen Körper
auf über 40°C erhitzten. In dieser Zeit musste
ich speziell überwacht werden. Schweissausbrüche,
Schüttelfrost und Alpträume plagten mich
die folgende Nacht. Der ZVK musste gezogen und auf
die andere Seite eingesetzt werden. |
|
|
Endlich zeigten sich am 7. Mai, wieder die ersten
eigenen Blutkörperchen. Mit der Hoffnung auf
eine Stammzellensammlung stimulierten wir die Zellen
wieder mit einem Medikament wie nach der 2. Therapie.
Auch dieser Versuch die Stammzellen zu sammeln blieb
leider erfolglos. Wieder bildete mein Körper
zu wenig Stammzellen, so dass sich eine Sammlung gelohnt
hätte.
Am 110. Tag konnte ich das Spital wieder verlassen.
Zu diesem Zeitpunkt hatte ich aber keine Ahnung wie
es weitergeht. Ich bekam ein Aufgebot zu einer weiteren
Knochenmarkpunktion für den 12. Juni.
Ein Vorschlag von den Ärzten war, dass ich mir
eine weitere „Mini-Chemotherapie“ verabreichen
lasse um eine letzte Stammzellensammlung zu versuchen.
Da ich diesem Vorschlag zustimmte, fand ich mich am
4. Juli wieder auf der Station im Kantonsspital St.
Gallen. Da das Medikament dieser Chemotherapie die
Harnblase angreifen könnte, wurde mir über
einen Zeitraum von 24 Stunden einen Blasenschutz verabreicht.
Am Samstag Nachmittag durfte ich wieder nach Hause.
Als ich am Freitag den 11. Juli wieder nach St. Gallen
kam, befand ich mich bereits wieder in der Aplasie-Phase.
Eine Woche später wurde ich wieder mangelnder
Stammzellen entlassen. Leider war auch dieser Versuch
fehlgeschlagen.
Alle meine Daten inklusive Knochenmarkprobe wurden
dem Krebszentrum in Basel übergeben. Sie sollten
einen „Fremdspender“ suchen. Mein Ziel
war es, mein Körper wieder in die bestmögliche
Form zu bringen. Jeden Tag konnte ich eine Steigerung
erkennen, was die Ausdauer betraf.
Trotz des intensiven Trainings fehlte meinem Körper
einen geregelten Tagesablauf. Aus diesem Grund fragte
ich die Ärzte an, ob ich wieder mit arbeiten
beginnen könne. Ich durfte am 1. September wieder
mit 50% beginnen.
Am 15. Dezember hatte ich eine weitere Kontrolle auf
dem onkologischen Ambulatorium. Mir wurde wieder eine
Knochenmark- und eine Gewebeprobe entnommen. Wir vereinbarten
einen Termin auf den 19. Dezember um die Resultate
und das weitere Vorgehen zu besprechen.
Mit gemischten Gefühlen fuhr ich an diesem Freitag
wieder nach St. Gallen. Ich wurde von meiner Oberärztin
empfangen. Sie erklärte mir, dass mein Knochenmark
sauber sei, die Unterlagen aus Basel zurück in
St. Gallen seien und wir den Verlauf der Leukämie
beobachten können. Sie schlug mir vor, dass ich
alle drei Monate zu einer Kontrolle in das onkologische
Ambulatorium kommen solle. |
|
<
Zurück zur Übersicht |
|
|
|
|
|
|
|
|
|