Bericht in den Wiler-Nachrichten vom 20. November 2003

«Ich glaube fest an meine Heilung!»

Michael Gianotti – oder auch bekannt als DJ Spargel, betritt mit einem verschmitzen Lächeln de Raum. Seine dunklen, braunen Augen funkeln neugierig, während er sich auf den Bürostuhl fallen lässt. Schon rein äusserlich widerspricht er dem clichéhaften Erwartungsbild eines Leukämiepatienten. In der Hand hält er einen gelben Ordner, gefüllt mit Blutwerttabellen, Arztkorrespondenzen und jeder Menge «medizinisches Fachgesimpel», wie er es scherzend nennt.

Offen spricht er über seine Krankheit, denn es gibt für ihn keinen Grund, etwas zu verbergen. Trotz monatelangem Spitalaufenthalt und noch ungewisser Zukunft hat er die Freude am Leben und den Optimismus nicht verloren.

Aktiv und lebensfroh
Michael Gianotti lebte noch bis vor einem Jahr ein ganz normales Leben. Als DJ Spargel wusste er an den verschiedenen Festen einzuheizen und beim FC Tobel hielt er sich als leidenschaftlicher Fussballer fit. Der GC Fan verpasst kaum ein Spiel seiner Favoriten und war auch sonst überall anzutreffen, wo etwas los war. Rückblickend sagt der in Tobel wohnhafte, dass er es hätte merken müssen. Über zu viele Warnsignale seines Körpers hatte hinweggesehen und auch erste Anzeichen hatte er nie ernst genommen. «Wer so viel unterwegs war wie ich, wundert sich nicht darüber, einmal etwas müde zu sein. Auch Symptome wie Übelkeit, Schweissausbrüche oder Fieber ordnete ich als Grippe ein für einen Arztbesuch bestand somit kein Grund», so der 27-Jährige.

Stich in der Brust
Montag, 5. Januar 2003. Michael Gianotti wird von einem starken Stich in der Brust aufgeweckt. Zum grossen Glück ist zur selben Zeit seine Mutter aufgewacht und entdeckt ihn bleich und schweissüberströmt. Seine Schwester stösst hinzu und erkennt sofort die Hinweise auf einen Herzinfarkt. Von nun an geht alles sehr schnell. Sofort wird er von seinem Hausarzt weiter ins Spital gewiesen und wenig später kann der Herzinfarkt behandelt werden. «Mir wurde eine gute und eine schlechte Nachricht mitgeteilt; die gute, mein Herz ist wieder in Ordnung, die schlechte, es besteht ein dringender Verdacht auf Leukämie», erinnert er sich. «Mein grosser Vorteil war damals, dass ich nicht genau wusste, was Leukämie wirklich bedeutet».

Verdacht bestätigt
Sofort wurde er zur Behandlung ins Kantonsspital St. Gallen gebracht, wo sich die Vermutung auf Leukämie bestätigte. Für Michael Gianotti begann eine monatelange harte Zeit, in der er drei Chemotherapien über sich ergehen lassen musste. Die Medikamente sollten gegen die Krankheit ankämpfen. «Mir war ständig übel und das Übergeben gehörte zum Tagesablauf. Ich hatte das Gefühl, dass ich innerlich austrockne», beschreibt Gianotti. Er fühlte sich derart schwach, dass die kleinsten Anstrengungen zu einer grossen Herausforderung wurden. Da er eine Zeit lang kaum Besuch empfangen konnte und sich die Fragen aus seinem Bekanntenkreis häuften, schuf er eine Homepage (www.djspargel.ch) , wo sich Interessierte über sein momentanes Befinden informieren konnten.

Humor nie verloren
Trotz seiner Krankheit liess sich Michael Gianotti nie unterkriegen. Optimistisch entschied er sich, gegen den Krebs anzukämpfen und die Hoffnung und Zuversicht nicht zu verlieren. «Es bringt nichts, mich zu fragen, warum es gerade mich trifft. Ich glaube fest daran, dass das alles einen Sinn hat. Der Herzinfarkt half zum Entdecken meiner Krankheit und die Leukämie wird auch wieder seine Bedeutung haben», ist sich der junge Mann sicher. Nicht zuletzt sein Sinn für Ironie und sein Humor helfen ihm, seine Angst und seine Krankheit im Alltag zu ertragen. Seine Zuversicht und sein Motivationsgeist gingen so weit, dass er im Spital stets versuchte, die anderen Patienten mitzureissen und zu motivieren. Auch der Verlust seiner Haare konnte den Optimisten nicht allzu sehr betrüben. Umso mehr freute er sich über den Haarwuchs nach den Therapien.

Wahre Freundschaft
Michael Gianotti informiert sich über seine KrankheitKraft schöpft der DJ in seiner Familie, bei seinen Freunden oder in seinem Christlichen Glauben. «Ich kann meiner Familie gar nicht genug danken, dass sie immer für mich da waren und mir auch in schweren Stunden neben meinen Bett beistanden», so Gianotti. «Ich erkannte auch während meinem monatelangen Spitalaufenthalt auch den wahren Wert von wahrer Freundschaft.
Erstaunlicherweise sind Kollegen häufig zu mir gekommen, von denen ich es nicht erwartet hätte. Umgekehrt war ich von anderen etwas enttäuscht, die sich kaum bei mir meldeten». Der Patient durfte sich während seines Spitalaufenthaltes über unzählige nette Gesten freuen und wurde nicht zuletzt auch dadurch im Kampf gegen seine Krankheit gestärkt. Ein Zimmernachbar schaffte es sogar, den ehemaligen GC-Trainer Marcel Koller zu mobilisieren und Michael Gianotti einen Besuch abzustatten. «Das war ein super Erlebnis, einmal mit dem Trainer persönlich etwas plaudern zu dürfen», schwärmte er.

Die Zukunft
Seit dem 17. Juli ist Michael aus dem Spital entlassen worden und seit dem 1. September konnte er sogar seine Arbeit zu 50 Prozent wieder aufnehmen. Zusätzlich entschloss er sich für eine Weiterbildung zum WebPublisher. Aber dennoch «hängt» Michael momentan etwas in der Luft. Seit Wochen wartet er auf eine Nachricht vom Universitätsspital in Basel, wie es nun weitergehen soll. Trotz wochenlangen Hinhaltens ist Michael Gianotti sehr optimistisch, die Krankheit besiegen zu können. «Ich bin innerlich ganz fest davon überzeugt, dass mir das gelingt!»

Petra Walter

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